I
The
Train

Lieber Martin,
schoen, dass Du doch wieder einen Anknuepfungspunkt gefunden hast,
ja, und dass Du meine Bedenken der Calver Gruppe ueberbracht hast.
Um "Einfluss" geht es mir heute nicht mehr, nur um "Ganz zu mir Stehen".

Danke fuer die Postkarten und die damit verbundenen Erinnerungen.
Die Frau Wahl und ihre beiden erwachsenen Kinder
wohnten einige Haeuser weiter in unserer "Farrenstrasse" in Gablenberg, Stuttgart.
Die Tochter war bei uns Pflichtjahrmaedchen gewesen , wohl 1941-42.
Dem Sohn, Photograph, verdanken wir unsre wenigen PHotographien aus der Zeit.
Unser eigener Apparat wurde von den franzoesischen Besatzunsleuten beschlagnahmt.
Obwohl unser Haus zerbombt war und wir nach der zwangsweisen "Ruecksendung"
[Wolfartsweiler war franzoesische Zone, Stuttgart dagegen amerikanische Zone]
in Gaisburg zur Untermiete unterkamen, blieb der Kontakt mit den Wahls bestehen.
Sie waren eigentlich unsere einzigen Bekannten und - Helfer - in den ersten Jahren.
Die Karte von 1956 ist von mir, von einer mehrtaegigen Klassenfahrt nach Bonn, Koeln

Am Sonntag hat Immanuel vom Gericht das alleinige Sorgerecht fuer Tomer bekommen.
Es ist "absolut", d.h. Ruth kann keinerlei Entscheidung ueber Tomer's Leben beeinflussen.
Warum das so wichtig ist, wuerde einen dicken Waelzer als Erklaerung benoetigen....

Auf der einen Seite ist das natuerlich, was wir alle wollten.
Auf der andern Seite wird es nun fuer Immanuel's jetzige Familie so schwierig werden,
dass ich mir am liebsten Augen, Ohren und Gehirn zuhalten moechte.
Was gut ist, ist, dass sie in ein Haus auf dem Land ziehen werden,
in dem es a) einen Garten und eine ziemlich freie natuerliche Umgebung gibt
und b) 5 Zimmer gibt (eines fuer mich und eines fuer Tomer eingeschlossen).
Die ganze Idee meines Mitlebens mit Efrat waehrend Immanuel's Fluegen
entstand seinerzeit gar nicht wegen Mika, sondern wegen der "Aussicht",
dass Tomer zu seinem Vater zurueckkehren wuerde.
(Ruth hatte ja Tomer schon einmal abgeschoben,
als Immanuel und Efrat in Michigan arbeiteten,
und spaeter als sie nach Kfar Vradim in Galiaea zurueckkehrten,
aber als Tomer sich dann so gut machte,
was sie wohl bei der Abschlussfeier der Klavierschueler merkte,
zu der sie nach Kfar Vradim eingeladen wurde,
forderte sie Tomer mir nichts dir nichts zurueck, mitten im Schuljahr

Da man fuer das Haus 6000 NIS verlangt hat, so sind jetzt die Mietpreise in dieser Gegend,
(zum Vergleich: mein einziges Einkommen - von der National versicherung - sind 2180 NIS
und fuer meine Einzimmerwohnung in ARAD- mit Veranda &Garten bezahle ich 1050 NIS,
alles eingerechnet, Steuern, Elektrizitaet, Wasser, TV und Internet-Verbindung),
wollten Immanuel und Efrat verzichten.

Ausgerechnet ich war dann diejenige, die ihnen zeigte,
dass sie keine andere Wahl haben,
und dass sie eben mal an den alltaeglichen Dingen sparen sollten
(in denen sie rasend verschwenderisch sind...).

Die naechsten Wochen sind bezueglich Tomer noch ganz unklar.
Er soll in ein Internat kommen,
aber nach seiner bisherigen "Laufbahn" nimmt ihn kein "anstaendiges" Internat.
Er soll also vorher in eine "Erziehungsanstalt" kommen (das heisst natuerlich anders heute).
Aber da gibt es wiederum technische Probleme, von der Sache selbst ganz zu schweigen.
Und jetzt haben die grossen Ferien angefangen!
Und heute abend faehrt Immanuel fuer 4 Tage nach Bangkog.

Schoen war, dass Efrat bereit war, mit Immanuel nach Paris mitzufliegen.
"Bereit" auch, sich auf mich die 2 Tage und eine Nacht zu verlassen.
Wenn ich mit Mika allein bin, haben wir ein wundersammes Zusammensein.
Wenn dann Efrat wieder da ist, sollte ich am besten nicht existieren.
Aber ich bin ja eine sehr erfahrene, nicht ego-abhaengige Grossmutter...

Viele Gruesse Rachel